Denkwürdige Jahrgänge: 1993

1993 war bei uns einer der besseren Jahrgänge der letzten Zeit. Ein milder Frühling brachte einen deutlichen Vegetationsvorsprung, der trotz des nicht besonders auffälligen Sommers bis zur Ernte erhalten blieb.

Anders als im Trockenjahr 1992 gab es im Juli und August zwischendurch immer wieder ergiebige Regenschauer, die die Reben mit Wasser versorgten. Das führte dazu, dass der Säuregehalt der Trauben auffallend hoch blieb, obwohl die Zuckergrade sehr früh nach oben kletterten.

Die Ernte begann früh und erbrachte eine zufriedenstellende Menge gesunder Trauben. Nur ganz vereinzelt fanden sich von Edelfäule befallene Beeren, und nur beim Pinot blanc lohnte sich deren Verwertung zu einer kleinen Menge Beerenauslese.

In ihrer Jugend waren die Weißweine des Jahrgangs 1993 ausgesprochen fruchtbetont und frisch und trotzdem sehr gehaltvoll. Mit ihrer rassigen Säure lagen Sie perfekt im Trend der damaligen Zeit. Pinot blanc und Chardonnay haben sich auch in der Flasche über Jahre hinweg schön entwickelt und bieten Freunden reifer Weine bis heute ein spannendes Erlebnis.

Aus heutiger Sicht, d.h. mit etwas mehr Wissen und Erfahrung um die Komplexität des Themas Traubenreife und im Trend zu ausgewogeneren Weinen, haben wir damals manche Weißweintrauben wahrscheinlich etwas zu früh geerntet.

Angesichts der trotzdem durchaus gute Entwicklung der Weine und der Probleme vieler Kollegen mit (speziell in Jahren wie z.B. dem direkten Vorgänger 1992 aber auch 1994, 2000 und 2003) zu spät gelesenen Weißweinen stellt dieses späte Urteil aber keinen wirklichen Wermutstropfen dar.

Bei den Rotweinen standen wir 1993 noch eher am Anfang. Schließlich haben bewußte Ertragsreduktion durch Ausdünnen, biologischer Säureabbau und die Lagerung in Barriques erst 1990 Einzug in unseren Keller gehalten.

Zwei Rotweine sind mir dennoch bis heute in Erinnerung geblieben. 1993 gab es einen ungewöhnlich gehaltvollen klassischen Blaufränkisch und den ersten reinsortigen – meinen – Cabernet Sauvignon.

Meine erste Ernte und mein erster Cabernet

Abgesehen von der Weinqualität ist 1993 für mich aus einem ganz anderen Grund denkwürdig: Es war mein allererster Jahrgang! Im Juni habe ich die Weinbauschule Klosterneuburg mit der Matura abgeschlossen, im Sommer war ich nebenbei als Ferialpraktikant in der Weinakademie tätig, und bei der Lese war ich erstmals Kellermeister.

Nach einem kurzen Crash-Kurs in (seiner) Kellerpraxis überließ mir mein Vater die komplette Verantwortung für die Weinbereitung des 1993ers. So war trotz allem theoretischen Wissen vor allem „Learning by Doing“ angesagt, und das in der hektischsten Zeit des Jahres.

Eine der ersten Erkenntnisse dabei war, dass die Kellerarbeit nach seinem Schema der möglichst geringfügigen Eingriffe in die Weinwerdung weit weniger spannend ist, als ich in meinem jugendlichen Gestaltungsdrang angenommen hatte. So „klagte“ ich schon nach wenigen Tagen darüber, dass zumindest 70 Prozent der Tätigkeiten im Keller langweilige Reinigungsarbeiten sind.

Beim Cabernet Sauvignon durfte ich noch früher Verantwortung übernehmen. Schon während der letzten Schulmonate im Frühling übernahm ich die Pflege unseres jungen (und damals einzigen) Weingartens, der mit dieser Sorte bepflanzt war.

Die vielen Arbeitsstunden, die ich dort verbrachte trugen mir im Ort den Ruf ein, jede einzelne Beere so gut zu kennen, dass ich sie mit dem Vornamen ansprechen könnte. Tatsächlich war der Cabernet von 1993 an der Wein, bei dem wir viele neue Qualitätsmaßnahmen zuerst ausprobiert haben, bevor wir sie (meist bald danach) auch bei Blaufränkisch und Zweigelt eingesetzt haben.

Auch wenn mein zweiter Cabernet im Jahr 1994 zweifellos noch besser gelungen ist (und bis zum 2000er unser interner Rotweinmaßstab war): Der erste ist trotzdem etwas ganz besonderes.

Kein großer, aber ein feiner Rotwein mit reifen Tanninen, passendem Holzeinsatz, einer würzigen Nase mit einem leichten Anflug von Paprika und wie sich bis heute zeigt, durchaus Potential für 15 und mehr Jahre.

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