Der Kunde ist König (Teil 2)

Gelegentlich kommt es im Umgang mit Kunden und Interessenten zu unerfreulichen Situationen. Wenn (ein) König Kunde meint, von oben herab agieren zu müssen, fragt man sich als Winzer manchmal, ob man sich wirklich alles bieten lassen muß. Und wo bei manchen Leuten Höflichkeit, gute Manieren und Respekt geblieben sind.

Gottseidank sind solche Erlebnisse bei weitem die Ausnahme. Deshalb ist es leichter über sie zu berichten als über die vielen angenehmen Gespräche, die wir mit unseren Kunden schon führen durften.

Nach der Weinpräsentation Anfang Dezember, bei der unter anderem unser Cabernet 2004 als Falstaff-Sortensieger geehrt wurde, erhielt ich einige Bestellungen und Anfragen. Darunter war auch folgende E-Mail (sinngemäß aus dem Gedächtnis zitiert):

Sehr geehrter Herr Fiedler!

Ist es möglich, daß Sie mir drei Flaschen Cabernet 2004 reservieren? Ich werde ihn voraussichtlich zwischen Weihnachten und Neujahr abholen.

 MfG

Natürlich habe ich mich auch über diese Bestellung gefreut, wenn auch mit einer gewissen Verwunderung. Drei Flaschen von einem gerade erst auf den Markt gekommenen Wein von einem in den Medien nicht gerade omnipräsenten Winzer für gerade einmal drei Wochen eigens zu reservieren? Aber vielleicht sind anderswo die Weine tatsächlich in kürzester Zeit vergriffen und ich kann es mir nur nicht vorstellen.

Schließlich habe ich den Run auf diverse Kult- und Siegerweine und die dabei gelegentlich zu beobachtende Selbsterniedrigung mancher Konsumenten noch nie verstanden. Manchen Schilderungen zufolge flehen manche Weinfreaks ja geradezu auf Knien, um manchen Winzern eine Flasche eines Kultweines um sündteures Geld abkaufen zu dürfen.

Wie auch immer. Nach meinem Dank für die Bestellung und die Zusage, daß wir drei Flaschen reservieren (per E-Mail) kam nach den Weihnachtsfeiertagen die nächste Nachricht (sinngemäß aus dem Gedächtnis zitiert):

Sehr geehrter Herr Fiedler!

Ist es möglich, meine Reservierung von drei Flaschen auf sechs Flaschen aufzustocken? Bitte teilen Sie mir auch Ihre Öffnungszeiten mit, damit ich weiß, wann ich den Wein abholen kann.

 MfG

Hätte ich den Absender und diverse Schilderungen über den Verkauf von hochprämierten Weinen nicht gekannt, wäre ich mir wohl vera…lber…t vorgekommen. Höflich bedankte ich mich, bat den Absender, mir den Termin bekanntzugeben, der ihm für die Abholung am besten paßt und versprach, daß wir unseren Zeitplan danach einteilen werden.

Sehr geehrter Herr Fiedler!

Ich würde gerne am Nachmittag des 6. Jänner meine Reservierung von 6 Flaschen Cabernet Sauvignon 2004 abholen. Geht dieser Termin in Ordnung?

 MfG

Wie versprochen bestätigte ich den Termin, gab aber eine Uhrzeit vor, da wir am diesem Samstag zu einer Familienfeier eingeladen waren. Darauf hin kam am Donnerstag Nachmittag ìn etwa folgende Nachricht:

Sehr geehrter Herr Fiedler!

Herzlichen Dank für Ihr Angebot. Wir wollen Sie bei Ihrer Feier nicht stören und könnten daher auch am Freitag, den 5. Jänner zwischen 16 und 17.30 bei Ihnen sein. Geht das in Ordnung?

MfG

Langsam wurde es mühsam. Aber gut. Schließlich wollte man auf unser Privatleben Rücksicht nehmen. Freitag früh bestätigte ich den Termin für den Nachmittag per Mail. Trotzdem erhielten wir am früheren Nachmittag einen Anruf:

Geht der Termin zwischen 16 Uhr und 17.30 heute Nachmittag in Ordnung?

Wie bereits per Mail bestätigten wir auch am Telefon die Uhrzeit. Hoffentlich war die Sache bald überstanden. Es ist zwar schön, wenn jemandem unser Wein eine solch ausgiebige Kommunikation wert ist, gleichzeitig aber auch anstrengend und ziemlich zeitintensiv.

Schließlich wurden die sechs Flaschen Cabernet tatsächlich abgeholt und die langwierige Vorgeschichte war knapp vor einem versöhnlichen Ende. Bis zu folgender Frage:

Bekomme ich dafür jetzt einen Abholrabatt?

Damit war klar: Diese Geschichte ist unter „Ä“ wie ärgerlich abzulegen. Unser Cabernet Sauvignon kostet im Österreich-Versand € 15,70 zuzüglich anteiliger Frachtkosten, ab Hof jedoch ohnehin nur € 15,40, also 30 Cent weniger. Damit liegt er in der 93-Punkte-Kategorie bei Falstaff verdammt niedrig und verweist reihenweise Weine auf die Plätze, die deutlich mehr oder sogar das Doppelte kosten. In Sachen Preis-Leistung ist der Wein also ein mehr als faires Angebot.

Höflich aber bestimmt wurde also die Frage verneint. Und wie es scheint, gelingt es uns auch in solchen Situationen die Contenance zu bewahren. Sonst wäre wohl derselbe Kunde dieses Mal nicht wieder gekommen, nach dem ich vor ein oder zwei Jahren ein ähnliches Ansinnen ebenfalls abgelehnt hatte. Damals verkosteten und diskutierten wir über eine Stunde lang die hochpreisigsten Rotweine unseres Sortiments und Faßproben. Beim anschließenden Kauf von einigen wenigen (überwiegend preisgünstigeren) Flaschen hielt er die Frage nach einem Mengenrabatt für angemessen. Und das war damals sogar seinem Begleiter peinlich…

1 Gedanke zu „Der Kunde ist König (Teil 2)“

  1. hm… also, ich kann hier nichts Bemerkenswertes finden, schon gar nichts, bei dem die „Contenance“ abhanden kommen könnte. Gruß von Einem, der täglich mit Kunden zu tun hat.

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