Rotweinabzug in Bildern

Heute war ich nach längerer Zeit wieder einmal im Keller aktiv und habe einige unserer Rotweine umgezogen und dabei belüftet. Die meisten Roten habe ich seit dem ersten Abzug vom Geläger nach dem biologischen Säureabbau nur regelmäßig verkostet und den SO2-Spiegel kontrolliert und gegebenenfalls ergänzt.

In Holzfässern erhalten die jungen Rotweine meist ausreichend Sauerstoff für ihre Entwicklung durch die Poren des Holzes, sodaß eine zusätzliche Belüftung durch ein Umpumpen in einen anderen Behälter nicht so oft notwendig ist. Heute aber war es wieder einmal soweit, und bei der Gelegenheit habe ich auch die seit dem letzten Umziehen zu Boden gesunkene Feinhefe aus den Weinen entfernt.

Damit sind die Weine ohne Streß und technische Hilfsmittel von selbst so klar geworden, daß die Filtration im Rahmen der Abfüllung in einigen Wochen keine allzugroße Belastung für den Wein darstellen wird.

Pumpe und Schläuche für den Rotweinabzug

Wenn man mittels einer Pipe über Schläuche und Pumpe den Großteil des Faßinhaltes entnommen hat, wird die Pipe entfernt und der restliche Inhalt in einem Schaff gesammelt und laufend abgepumpt.

Nach dem Entfernen der Pipe

Besonders spannend ist das Öffnen des Faßtürls. Schließlich soll weder der trübe Bodensatz aufgewirbelt noch kostbarer Wein verschüttet (bzw. verspritzt) werden und dementsprechend vorsichtig wird es langsam nach innen geneigt und dabei nach oben geschoben.

Das Öffnen des Faßtürls

Anschließend wird der Rest des klaren Faßinhaltes mit Pumpe und Schlauch abgesaugt und die Pumpe rechtzeitig abgeschaltet, bevor man den trüben Bodensatz erwischt. Der wird je nach Menge aus dem Faß gewaschen oder großflächig im Weingarten ausgebracht (um die Wasseraufbereitungsanlagen nicht über Gebühr zu belasten).

Hefedepot im Rotweinfaß

Anschließend wird das Faß gründlich gereinigt und entweder wieder befüllt, oder nach ein paar Tagen Zeit zum Austrocknen verschlossen und mit Schwefeleinschlag konserviert, damit Holz und Weinstein im Inneren nicht verschimmeln.

Um alle Arbeiten im Keller auch später noch nachvollziehen zu können, werden sie sorgfältig dokumentiert. Über die Jahre und die vielen verschiedenen Weine pro Ernte sammelt jeder Kellermeister mit der Zeit einen großen Erfahrungsschatz, der durch sorgfältige Aufzeichungen noch an Wert gewinnt.

Büroarbeit auch im Keller

Am Abend eines solchen Tages sehen Kellermeisterhände auch nach ausgiebiger Reinigung mit Seife nicht wirklich sauber aus. Die Farbstoffe des Rotweines setzen sich nämlich in allen Hautfalten und Ritzen fest.

Kellermeisterhände nach Seifenreinigung

Die Anwendung von Zitrone(nsäure) bleicht die Farbstoffe auf den glatten Hautflächen zwar aus, in den Ritzen begleitet der Rotwein den Kellermeister aber noch mehrere Tage.

Kellermeisterhände nach Zitronensäure

4 Gedanken zu „Rotweinabzug in Bildern“

  1. kompliment für diese geschichte bzw. die anschauliche bebilderung. bitte unbedingt wieder einmal so etwas machen. für städter wie mich, die den prozess der weinbereitung ja wenn, dann nur aus dem lehrbuch kennen, ist sowas glaub ich eine große bereicherung. liebe grüße aus linz!

  2. Hallo Bernhard,

    wieder mal ’ne Laienfrage 😉

    Du schreibst: „Damit sind die Weine ohne Streß und technische Hilfsmittel von selbst so klar geworden, daß die Filtration im Rahmen der Abfüllung in einigen Wochen keine allzugroße Belastung für den Wein darstellen wird.“

    Könnte man dann eigentlich nicht ganz auf diese Filtration verzichten? Was wären die Risiken, wenn man’s tut? Ist es nicht die Filtration an sich, die sich negativ auswirken kann, unabhängig ob viel oder wenig im Filter zurückgehalten wird?

    Interessierte Grüße
    Matthias

  3. Hallo Matthias!

    Wenn der Wein „von selbst“ weitestgehend stabil ist, kann man bei durchaus vertretbarem Risiko auch auf eine Filtration verzichten. Bei Weinen,

    die vollständig trocken durchgegoren sind,

    den biologischen Säureabbau vollständig absolviert haben,

    die während der gesamten Faßreife mikrobiologisch unauffällig waren,

    die während einer langen Faßreife genügend Zeit hatten, sich selbst zu klären und zu stabilisieren,

    die einen kräftigen (mikroorganismenhemmenden) Alkoholgehalt aufweisen,

    deren Säuregehalt nicht zu niedrig ist (weil der beeinflußt nämlich die Wirksamkeit des SO2 (vulgo Schwefel) auf Mikroorganismen),

    bei denen eine ganz leichte Trübung wegen der Rotweinfarbe nicht sichtbar ist oder im Verkauf kein Problem darstellt,

    und die mit einem stabilen, nicht zu niedrigen SO2-Spiegel abgefüllt werden

    habe ich auch schon gelegentlich auf jegliche Filtration verzichtet.

    Die Risiken dabei sind vor allem mikrobiologischer Natur (Essig-, Milch- und Buttersäurebakterien ebenso wie Brettanomyceshefen die zu Pferdeschweißaromen führen etc.). Dabei kann es sowohl zu einem Problem einer gesamten Abfüllung kommen, als auch zu enormen Flaschenunterschieden (u.a. in Folge unterschiedlicher Lagerbedingungen).

    In Zeiten, in denen immer mehr Wein nicht direkt vom Produzenten an den Konsumenten geliefert wird, ist es nicht sehr ratsam, diese vermeidbaren Risiken einzugehen. Die Weine werden heute über weite Strecken transportiert und gehen oft durch viele Hände, bevor sie getrunken werden. Eventuelle Reklamationen lassen sich da nicht so einfach mit einem persönlichen Gespräch und ein paar Flaschen als Ersatz regeln.

    Nach (nicht nur) meinen Erfahrungen und Experimenten ist der Unterschied zwischen einem unfiltriert abgefüllten Wein und einem Wein, der sich weitgehend selbst geklärt hat und bei der Abfüllung nicht feiner als nötig filtriert wurde ein halbes Jahr später nicht mehr statistisch gesichert.

    Da wir in den meisten Fällen (gerade bei den Rotweinen) eine ausreichende Flaschenreife nach der Abfüllung einplanen können, stellt der tendenziell etwas größere Füllschock bei Filtration für uns kein Problem dar.

    Deshalb filtrieren wir die Weißweine generell (auch weil man eventuelle leichte Trübungen sofort sieht) und die Roten überwiegend (wenn auch oft nicht so fein wie die Weißweine).

    Grüße

    Bernhard

    P.S.: Details darüber gibt es auch in diesem pdf (16 kB) vom Oenologen Volker Schneider zu lesen.

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