Verwaltungsreform (3)

Riedenkarte Österreich ÖWM komprimiert

Angesichts der aktuellen lange verschleppten, aber jetzt nicht mehr ganz so leicht kleinzuredenden Budgetkrise sehen zahlreiche Experten die größten Einsparpotentiale in einer Reform der öffentlichen Verwaltung. Mindestens ebenso viele bezweifeln jedoch, dass die Politik überhaupt zu einer solchen fähig ist.

Ein großer Brocken im Vergleich zur Abwicklung der staatlichen Prüfnummer und den Modalitäten des Weinbaukatasters ist die Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern. Wie in fast allen Bereichen treibt der Föderalismus nämlich auch im Weinbau die wundersamsten Blüten. 

Gesetze zu Wein und Weinbau

Während das österreichische Weingesetz vom Nationalrat beschlossen wird, ist das Weinbaurecht Ländersache. Das führt zum Beispiel zur völlig irren lustigen Situation, dass in manchen Bundesländern bestimmte Rebsorten zwar angepflanzt werden dürfen, daraus aber gemäß Bundesweingesetz kein Qualitäts-, sondern ausschließlich (und völlig unabhängig von der tatsächlichen Qualität) die niedrigste Stufe TafelWein produziert werden darf.

Ich halte ein Auspflanzverbot für bestimmte Sorten ja generell für überflüssig, zumal man die gebietstypischen Rebsorten ja ohnehin über das Vehikel „DAC“ forcieren kann. Aber selbst wenn man meint, einen Sortenkatalog definieren zu müssen, braucht es in einem kleinen Weinland wie Österreich wohl nicht vier (ohnehin nur in Nebensächlichkeiten verschiedene) davon: Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Wien.

Und dass man wirklich das intellektuelle Potential zahlreicher Landtagsabgeordneter benötigt, um zu definieren, ob der Abstand der Weinreben von der Grundstücksgrenze mindestens 100 oder doch 120 Zentimeter betragen muß, darf sicherlich auch angezweifelt werden.

Nachdem es (zumindest zu meiner Weinbauschulzeit) keine gravierenderen Unterschiede in den Landesweinbaugesetzen gibt, als diese, wäre es doch naheliegend, sich drei von den vier samt dem dahinterstehenden Administrationsaufwand zu sparen.

Weil aber Verwaltungsapparate nicht dazu neigen, sich selbst überflüssig zu machen (und Landespolitiker nicht dazu, Kompetenzen abzugeben), bleibt in Österreich alles beim Alten.

Oder es wird sogar noch schlimmer, und der oberösterreichische Landtag, in dessen Zuständigkeit etwa 15 Winzer mit ca. 20 Hektar Rebfläche fallen, fühlte sich im Jahr 2007 bemüßigt, ein eigenes Weinbaugesetz zu beschließen. Welches prompt von Weinwerbung und Medien durchaus wohlwollend präsentiert wurde.

Heurigenföderalismus

Dass solche sinnlosen Parallelitäten kein Einzelfall sind, weiß der politisch Interessierte von den Diskussionen um die neun verschiedenen Jugendschutzgesetze und die neun bestehenden Regelungen des Kindergartenwesens.

Mit der Heurigengesetzgebung gibt es aber auch im Weinbereich noch einen weiteren Klassiker. Jedes Bundesland definiert nämlich in einem eigenen Landesgesetz zum Beispiel, ob der Buschenschenker neben selbst erzeugten Getränken und Mineral- bzw. Sodawasser noch ein oder doch zwei alkoholfreie Erfrischungsgetränke verkaufen darf.

Wie viele Monate er sein Lokal durchgehend öffnen darf und wie lange er danach mindestens schließen muß. Und ob er sein Lokal nach außen „ortsüblich“ oder aber mit „Föhren-, Tannen- oder Fichtenbuschen“ zu kennzeichnen hat.

Auch in diesem Fall beschäftigen sich übrigens nicht nur die Politiker und Beamten der vier wirtschaftlich ernstzunehmenden Weinbaubundesländer unabhängig voneinander mit der gleichen Materie, um weitestgehend zum selben Endergebnis zu kommen.

Kärnten hat nämlich ebenfalls sein eigenes Buschenschankgesetz, aber wahrscheinlich hat die Landespolitik dort sonst keine Sorgen…

1 Gedanke zu „Verwaltungsreform (3)“

  1. Danke für die spannende Zusammenfassung, für nicht-Politik Experten wie mich eine nette Übersicht zum Thema österreichische Gesetze und Logik.. in jeder normalen „Firma“ wären solche doppelten Arbeiten schnell optimiert und vereinfacht um den Gewinn zu steigern…

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