365 Tage Bloggerei

Heute vor einem Jahr ging dieses – mein – Weblog mit diesem Beitrag online, nachdem ich zuvor bereits über einen Monat offline geübt hatte. Seither habe ich (inklusive diesem) 227 Beiträge verfaßt, zu denen (leider zu einem Großteil von mir selbst) 308 Kommentare abgegeben wurden.

Eigentlich wollte ich zu diesem Anlaß eine Art Bestenliste verfassen. Zumindest hatte ich mir fest vorgenommen einige der meiner Meinung nach besten, der nichtssagendsten, der trockensten, der kurzweiligsten, der langatmigsten und der besserwisserischsten Beiträge des vergangenen Jahres noch einmal Revue passieren zu lassen.

Aber irgendwie hatte ich dazu keine Lust und angesichts der Weinlese auch keine Zeit. Was mich zu den Fragen führt, die sich wohl jeder Blogger in den Phasen stellt, in denen Zeit oder Motivation fehlen:

Warum bloggt man eigentlich?

Natürlich wäre es bequemer (und auch nicht ganz falsch), auf die Frage mit einer Darstellung des Anlasses zu antworten: Ich könnte zum Beispiel berichten, daß mir das Schreiben in Internet-Weinforen nach mehreren Jahren aus allerlei Gründen nicht mehr ganz so sympatisch war, und ich deshalb nach etwas „eigenem“ gesucht habe.

Und das ich für die Möglichkeit, die Themen vorzugeben und (m)einem roten Faden zu folgen auch auf manchmal spannende Forumsdiskussionen verzichten kann. Und das ich für die Tatsache, daß meine Blog-Beiträge nicht von Forumsbetreibern vereinnahmt werden können gerne den Preis des Zugriffszahlen-Schattendaseins führe.

Die Gründe für die Bloggerei an sich sind aber andere:

Den größten Anteil an der Blogger-Motivation hat wahrscheinlich das ausgeprägte Mitteilungsbedürfnis der Blogger selbst. Warum sonst sollte man sich diese Arbeit antun (wenn auch meist mit Freude daran), wenn man nicht von der Überzeugung beseelt wäre, etwas zu sagen zu haben?

Dazu kommt ein mehr oder weniger großer Schuß Geltungsbedürfnis, das man im Internet-Zeitalter wohl so leicht befriedigen kann wie nie zuvor. Die diversen Zugriffs- und Linkstatistiken samt Rankings werden zwar nicht von allen Bloggern gleich wichtig genommen, aber zumindest gelegentlich werden sie auch von jenen Bloggern studiert, die sich selbst einreden wollen vor allem für sich selbst zu bloggen.

Außerdem braucht es natürlich ein gewisses Maß an Sendungsbewußtsein, um einen Blog zu betreiben. Es erhöht die Motivation ungemein, wenn man das Gefühl hat, etwas zu schreiben, was in dieser Form der Welt gerade noch gefehlt hat.

Auch das Gefühl, etwas bewegen zu können macht wahrscheinlich einen Teil der Faszination Blog aus. Wobei ich persönlich in diesem Bereich recht geringe Erwartungen habe, was die Beeinflußung Allgemeinheit betrifft (und dementsprechende Initiativen auch eher mit Skepsis oder gar Sorge betrachte). Und um etwas für mich selbst durch das Bloggen bewegen zu wollen bin ich nicht ehrgeizig (oder machtorientiert) genug.

Womit wir beim (direkten oder indirekten) wirtschaftlichen Eigennutzen wären. Der ist natürlich nicht grundsätzlich zu verdammen, denn wenn jemand Zeit und Geld in etwas investiert, kann man es ihm kaum übelnehmen, wenn er die Sache nicht nur als Hobby betrachtet. Ob aber der Zweck immer die Mittel heiligt, die da angewendet werden ist eine andere Frage.

Vielleicht bin ich in diesem Punkt ja überempfindlich. Und natürlich gibt es auch hier immer wieder Schleichwerbung für unsere Weine und der Blog fungiert als News-Journal unserer „offiziellen“ Betriebs-Website. Aber es liegt mir fern, andere Weblogs für meine Zwecke einzuspannen oder deren Betreiber mit Werbe-Mails zu bombardieren.

Und wie gehts weiter?

Ehrlich gesagt: Ich habe keine Ahnung. Ich blogge immer noch gerne, aber manchmal wird aus der allgemeinen Lust am Bloggen beim konkreten Schreiben (fast) eine Last. Nicht das mir die Themen ausgehen würden (eher schon die Zeit), aber vieles von dem, was ich immer schon schreiben wollte ist mittlerweile geschrieben.

Es wäre interessant (und motivationsfördernd 😉 ) von Ihnen, den Lesern – Haaalloooo ist da jemand? – zu erfahren, wie es weitergehen sollte. Oder ob es überhaupt weitergehen sollte?

Deshalb drehe ich jetzt einfach mal den Spieß um: Nicht ich durchforste mein Archiv nach den besten, den nichtssagendsten, den trockensten, den kurzweiligsten, den langatmigsten und den besserwisserischsten Beiträgen, sondern Sie. Und berichten gefälligst darüber, gleich hier unten in einem Kommentar.

10 Gedanken zu „365 Tage Bloggerei“

  1. Herzlichen Glückwunsch Bernhard!
    Es gibt ja immer mehr deutschsprachige Weinblogs, die ihren ersten Geburtstag hinter sich haben. Ich denke mir, dass ein Geheimnis dieses Alter zu erreichen und dann noch lange weiter zu schreiben darin liegt, dass man selbst Spaß am bloggen hat. Und Erfolg kommt mit der Kontinuität in der man sein Ding macht, egal ob das anderen gerade nicht passt oder die Besucherstatistik mal nach unten geht. Das sind jedenfalls meine Erfahrungen. Dir und deinen anderen Lesern noch eine schöne Zeit hier im Blog.
    Thomas

  2. Hallo Bernhard!

    Nach deinen sehr informativen Beiträgen auf TAW wahr ich sehr gespannt, wie wohl dein eigenes Weinblog sein wird … und ich bin nicht enttäuscht worden … tolle humorvolle Beiträge in regelmäßigen Abständen … und natürlich haben deine Online-Beiträge auch eine gewisse Neugierde auf deine Weine bei mir erzeugt … und die stehen deinem Blog in nichts nach … bitte weiter so!!!

    Mein absoluter Lieblingsartikel: Messen und Präsentationen … (http://www.bernhard-fiedler.at/weblog/?p=219)

    lG Christian

  3. Hallo Bernhard,

    klar ist da jemand…
    Regelmäßig schaue ich mir deine Einträge an. Mir gefallen sie, man kann fast immer etwas dazu lernen. Ich mag deine Sachlichkeit, die mir auch schon früher in 2 Weinforen angenehm aufgefallen ist. Wundern tu ich mich nur, wo du die Zeit her nimmst…
    Solange du Spaß am Bloggen hast, blogge gerne weiter. Für mich am interessantesten sind immer die Einträge, in denen du dich konkret mit Weinbautechnik (im weitesten Sinne) befaßt. Bin zwar nur Weintrinker und kein Winzer, aber auch sehr interessierter Laie, was das „Drumherum“ angeht.
    Werner

  4. hallo berhard!
    gleich vorweg: bitte ja nicht aufören mit deinem blog! bin zufällig vor einem halben jahr darauf gestossen und warte (beinahe täglich) ganz gespannt auf neue beiträge von dir. ich bin selbst winzer (nebenbei, hobbymäßig, 6,5 ha im weinviertel- retzer land, grossteils fassweinverkäufer) und war (bin noch immer) von anfang an begeistert über deine sachlichen, aber durchaus pointierten und kritischen kommentaren. selbst anerkannten zeitschriften („winzer, weinbau,…etc) gelingt es selten solche vor allem praxisbezogen beiräge zu bringen, ohne dabei gleich in höhere spähren der chemie od. betriebswirtschaft (steuerrecht…) abzugleiten. nein, im gegenteil, sehr oft ist es ein (schwacher) trost zu hören, mit welchen, wenn auch noch so banalen, problemen, andere winzerkollegen zu kämpfen haben. übrigens bewundere ich es wirklich, wie du dich so oft überwinden kannst nach anstrengenden arbeitstagen, selbst während der weinlese (!!!!), noch hinzusetzen und solche (fast ausschließlich) interessante beiträge zu senden. bei uns beginnt die weinlese so richtig erst nächste woche. ich wünche dir noch alles gute in diesen wichtigen wochen und ende mit der bitte an dich, diesen blog ja nicht zu beenden, sondern weiter so motiviert fortzuführen. schöne grüsse aus zellerndorf!

  5. Hallo Bernard,

    auch aus Portugal kommen dankbare Grüße.
    Ich erfahre in Deinem Blog was mir hiesige Winzer verschweigen.
    Leider schmeckt man nur, was man weiß…..
    Mach weiter !
    Ralf

  6. Auch aus Südfrankreich kann ich nur so laut wie möglich rufen: weiter so!

    Ich finde es sehr interessant, so taufrische (regennasse, sonnendurchtränkte, frostgeschüttelte) Nachrichten eines Kollegen aus einem so weit von hier entfernten Anbaugebiet aus erster Hand zu lesen. Auch die Stellungsnahmen zu spezieller österreichischen Themen sind von Interesse, darüber wird in Frankreich ja nirgends berichtet… Und oft lerne ich auch noch etwas (selbst wenn man’s mir jedes Jahr neu erklären muss, wie das mitteleuropäische Mostgewicht:-)))

    Nach der Ernte, wenn ich wieder mehr Zeit habe und die Abende auch wieder langsam länger werden, beantworte ich gerne auch die Frage nach meinem „Lieblingsartikel“ – dass mir da so spontan keiner einfällt, heißt ja eher, dass fast alles gleich interessant ist.

    Noch gute Ernte und viel Sonne

    wünsch Dir

    Iris aus Lisson

  7. Hi Bernhard,

    Glückwunsch und bitte weiter so.
    Mein Lieblingsartikel?
    http://www.bernhard-fiedler.at/weblog/?p=228#comments
    Warum?
    Objektiv: Weil es erfrischend ist, wenn ein Winzer seine eigenen Weinen mit allen Stärken und Schwächen beschreibt und auch zugibt, wenn ihn der eigene Wein überrascht (okay, eigentlich war das noch Papas Wein, oder?)
    Subjektiv: Weil Du mir davon noch je eine Flasche verkauft hast und ich sie den Hamburger Weintalkern live und blind servieren konnte. Das war ein großer Spass und mehr ‚Interaktivität‘ als das Internet alleine bieten kann.

    cheers
    Felix

  8. Hi Bernhard,

    „…ob es weitergehen soll?“

    na logisch!

    Dein Blogg gehört längst zu den festen Anlaufstellen bei meinen virtuellen Wein-Rundgängen im Netz. Und immer, wenn mal kein neuer Beitrag von Dir da ist, macht sich unterschwellig eine kleine Enttäuschung breit. Das Thema spielt dabei fast eine untergeordnete Rolle.

    Dass Deine Artikel so gut wie immer informativ und fachlich interessant sind, wurde zurecht schon ausführlich gelobt. Aber während man sich bei manch anderer Blogschreiberei am Ende fragt, ob der Inhalt tatsächlich das mühevolle Lesen wert war, stellt sich diese Frage bei Deinen Beiträgen nie: sie lassen sich immer genussvoll lesen. Man merkt ihnen an, dass sie nicht einfach so „hingehauen“ sind.

    Es kann also nur eine Antwort auf Deine (hoffentlich sehr rethorische) Frage geben: Weitermachen bitte!

    Viele Grüße
    Matthias

  9. Herzlichen Dank für das Lob, die guten Wünsche und die Motivation. Wenn ich wieder etwas mehr Zeit habe, werde ich alle Anregungen nocheinmal genau studieren und natürlich weiterbloggen 😉

    Grüße von der Lese

    Bernhard

  10. Hallo Bernhard (wenn ich mir die vertrauliche Anrede erlauben darf – wie im Net wohl üblich) – diese Aufforderung zur aktiven Beteiligung kann ich wohl nicht an mir vorübergehen lassen. Als „Neu-Mörbischer“ bin ich ja auch „Neu-an-Weinbau-Interessierter“ und verfolge ebenfalls regelmäßig die neuen Einträge, bewundere die Offenheit und fachliche Differenziertheit. Euren Wein habe ich sowieso schon zu meinem Favoriten erklärt (den „schlanken Normal-Blaufränkisch“ bezeichne ich gar schon als „unseren Hauswein“ und kann ihn nur allen Lesern weiterempfehlen – von der Schrift zur Praxis!), aber hier habe ich mich noch gar nicht schreiben getraut. Weil ich den Überblick noch nicht habe, noch gar nicht im Net solche Foren benutzt habe, keine blöden Fragen öffentlich stellen mag (obwohl ich sicherlich einige solche Fragen auf Lager hätte), in der Lesezeit keine zusätzliche Schreibarbeit verursachen möchte usw. usw. Aber ich sehe schon: So ein Forum lebt über den Diskurs und da es schade wäre, wenn der Autor (Du) aus Frustration mangels Echo alles hinwerfen würde, werde ich mich auch bei Gelegenheit einbringen….. Einstweilen vielen Dank für die bisherige Reichhaltigkeit an Beiträgen – LG:Erwin

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