EU inside

Vergangenen Samstag hatte ich das Vergnügen, in einem relativ kleinen Kreis einen Vortrag des ehemaligen EU-Agrarkomissars Franz Fischler erleben zu dürfen.

Franz Fischler erhielt bei der Graduierung der neuen Weinakademiker (über die ich hier berichtet habe) als erster Österreicher den Titel „Weinakademiker h.c.“ für seine Verdienste um den heimischen Wein. Als „Einstand“ (Eigendefinition Fischler) hielt er für die Mitglieder des Clubs der Weinakademiker einen Vortrag zum Thema „Die EU-Agrarpolitik und ihre Weiterentwicklung“.

Auch wenn Fischler seit 2004 keine EU-Funktion mehr inne hat, ist er nach wie vor mit der Materie vertraut und lieferte einen umfassenden Überblick über die kommenden Herausforderungen für die Landwirtschaft. Dabei war natürlich auch die nach wie vor strittige Reform der EU-Weinmarktordnung (über die ich hier und hier berichtet habe) ein wichtiges Thema.

Fischler scheute nicht davor zurück, eindeutig Stellung zu beziehen und einzelne Punkte des Marktordnungsentwurfes seiner Nachfolgerin mit klaren Worten zu kritisieren. Außerdem plauderte er nach dem Vortrag ein wenig aus dem Brüsseler Nähkästchen:

So war es interessant zu erfahren, daß mit Tony Blair und Gerhard Schröder ausgerechnet zwei sozialdemokratische Kanzler die heute wieder diskutierte und bereits von Fischler angedachte Betriebsobergrenze für EU-Fördergelder zu Fall gebracht haben. Beide hatten gehofft, damit bei den Arbeitern in den Agrar-Großbetrieben punkten zu können.

Der französische Präsident Jacques Chirac hat dafür die Förderung der Destillation von Weinüberschüssen zu Industriealkohol zur kulturellen Frage erklärt. Für Fischler hingegen ist es ein Anachronismus, wenn die Autobusse in San Francisco mit Bordeaux(-destillat) fahren (Zitat aus seiner Rede anläßlich der Weinakademiker-Verleihung).

Besonders nachdenklich macht das von Fischler zitierte geflügelte Wort aus Brüssel. Dort heißt es offenbar:

Wenn eine neue EU-Richtlinie beschlossen wird,

  • protestiert der französische Präsident,
  • wird sie von Deutschland zu 120 Prozent umgesetzt (Zusatz Fischler: und von Österreich zu 150 Prozent),
  • und in Italien muß man froh sein, wenn man jemanden findet, der sie liest.
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