Terroir-Terror 3

Weinlesezeit ist Kellereiartikelhandelszeit. Beinahe täglich trudeln die diversen Prospekte und Werbe-Mails für Hefen, Enzyme, Schönungs-, Behandlungs- und sonstige Hilfsmittel bei uns ein.

Nicht das ich hier die Mär vom Naturwein zum Besten geben möchte und alle Errungenschaften der modernen Kellerwirtschaft in Bausch und Bogen verdamme. Reinzuchthefen bzw. -bakterien für reintönige Gärungen und den biologischen Säureabbau, Bentonit (ein Tonmineral-Präparat) zur Vermeidung von späteren Trübungen im Weißwein, SO2 als Oxidationsschutz sowie, falls notwendig Zucker zur Aufbesserung, gelegentlich Enzyme und natürlich diverse Reinigungsmittel beziehen auch wir.

Was aber sonst noch alles so beworben wird, und vor allem wie, ist mitunter recht abenteuerlich.

So schreibt mir heute ein Importeur von Hefen und Enzymen (wörtlich!):

Hefenährstoffe, Trockenreinzuchthefen und Weinenzyme
Neue Hefegenerationen für mehr Aroma, Finesse und Ausdruck!

Der Weinmarkt ist ständig in Veränderung – Wein ist mit ein Modeartikel !
Der Markt verlangt den WEin „2006 – knackig, klar & frisch – der Grüne Veltliner 2005 mit klarer, dichter Aromatik nach Äpfeln, Birnen und Pfeffer…“ (A la Carte 03/2006).
Dazu naturnahe – biodynamisch um nur ein Schlagwort zu verwenden – in seinem Wachstum wie auch Ausbau. Aroma, Finesse und Ausdruck ist gefordert nebst Mineralität und Typizität. Dieser Trend diktiert.

Winzer wie Weinmacher suchen nach neuen Wegen – mit stark geklärten Ausgangsmosten, sehr kühlen Gärtemperaturen, größtmöglicher Reduktion von Sauerstoff in der Gärführung, neuen Gärgebinden, verdichten, verdampfen und vielem mehr.

Auch die Biotechnologie ist gefordert: neue Hefegenerationen werden selektioniert die mehr können
*für Aroma und Finesse – dies bei fast jeder Temperatur wie Klärungsgrad der Moste
*für „sur lie“-Vollmundigkeit und Geschmacks-Komplexität – dies bei gleichzeitiger Erhaltung bis Stärkung der bodenspezifischen Mineralität.

Denn Terroir im Wein – damit Unverwechselbarkeit = Marke = Markt ist gefragt, die zweite Seite der Medaille ! Waren es doch gestern noch die Italiener, davor oder danach der Wein aus Australien, Chile oder Amerika ……. der Markt verlangt den Wein, die Herkunft wechselt. Bei Weiß- wie Rotwein. Dort noch mehr gefragt neben der Frucht die Vollmundigkeit – das „mouthfull“ wine-feeling bei gleichzeitiger Trinkfreudigkeit und adäquatem Alkoholgehalt. Also Abkehr vom Verdichten und Verdampfen – oder ?

Wir haben uns mit zur Aufgabe gestellt hier mit zu helfen !
Diesbezüglich testen wir unsere neuen Produkte aus vor und mit Markteinführung und dies mit unabhängigen Fachleuten und Juroren und Ergebnissen und Auswertungen – daraus Erkenntnisse, eben was es wiegt das hat es ! (…Zitat Ende)

 

Abgesehen davon, daß die unabhängigen Fachleute nur zehn verschiedene Hefen (von hunderten) in nur zwei Jahrgängen getestet haben (und einige auf dem Markt führende Hefen gar nicht darunter waren), hat mich dieser Brief so fasziniert, daß ich geneigt bin, tatsächlich etwas zu bestellen.

Vorausgesetzt ein Vertreter der Firma (oder zur Not auch jemand anderer) schafft es, mir zu erklären, was mir dieser Brief eigentlich sagen will.

2 Gedanken zu „Terroir-Terror 3“

  1. Obwohl ich bisher glaubte, der deutschen Sprache durchaus mächtig zu sein und als Winzerin auch von Wein und vom Weinmachen etwas zu verstehen, läßt mich dieser Text ebenfalls ratlos zurück. In längst vergangegen Schultagen hätte die Frage jetzt wohl gelautet: „Und was wollte der Dichter uns sagen?“

    Es gibt im Internet so Zufallsgeneratoren, mit denen man zum Beispiel wunderschöne Weinkommentare erzeugen kann (jedenfalls auf Englisch und Französisch) – vielleicht wurde dieser Text ähnlich erstellt: alle Schlag- und Modewörter der letzten Jahre aufnehmen und nach dem Zufallsprinzip daraus einen Text erstellen lassen: Ergebnis: eben was es wiegt das hat es….

    Herzlichen Dank für diese Stilblüte und herzlich willkommen als neuer Winzer-Blogger, den ich gleich in meine Favoriten einreihen werde.

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