Ein Jahrgang, der in Erinnerung bleibt

WeinrallyeNach langer Pause schaffe ich es heute wieder einmal an einer Etappe der Wein(blog)rallye teilzunehmen. Alle deutschsprachigen Genussblogger die Lust dazu haben beschäftigen sich auf Vorschlag von Christin Jordan von Hauptsache Wein mit Eindrücken, Bilanzen und Meinungen zur Ernte 2014. In den nächsten Tagen wird es bei der Gastgeberin dieser Etappe auch eine Zusammenfassung dazu geben.

Aus dem Gefühlsleben eines Weinbauern

Auch wenn sich das nach 22 Jahrgängen, an denen ich aktiv beteiligt war, nicht mehr ganz so leicht sagt, wie früher: 2014 wird mir (und sehr, sehr vielen Kollegen) sicherlich lange Zeit in Erinnerung bleiben. Nicht wegen seiner Vorgeschichte, die mit (beinahe) blühenden Mandelbäumen im Jänner und einem extrem frühen Austrieb der Reben auch schon sehr ungewöhnlich war. Sondern natürlich in erster Linie wegen der sechs Wochen vor der Ernte und der Lese selbst.

Ende Juli waren wir noch bester Dinge. Das mäßige Sommerwetter hatte die Entwicklung der Reben ein wenig verzögert und die Nachteile des frühen Vegetationsbeginnes – eine zu frühe, zu heiße und zu schnelle Reifephase der Trauben – zum Teil wettgemacht. Der Regen in dieser Phase hätte vielleicht nicht ganz so üppig ausfallen müssen, aber er war nach ein paar eher trockeneren Wochen durchaus willkommen. Ein durchschnittlicher August genügt und das wird vielleicht der perfekte Jahrgang…

Leider hörte es aber nicht auf zu regnen und am 9. des Monats traf dann auch noch ein Hagelschauer einige unserer wichtigsten Weingärten. Davon abgesehen gaben die Trauben jedoch immer noch Grund zum Zweckoptimismus. Nur sehr vereinzelt waren Fäulnisnester zu sehen. Kein Problem, das bei der Ernte auszusortieren. Das kann noch ein sehr guter Jahrgang werden, wenn es jetzt trocken bleibt…

Es regnete weiter. Im ganzen August gab es wohl keine fünf Tage an denen es nicht geregnet hat oder die Trauben lange Zeit vom Regen am Vortag naß waren. Nur mühsam kletterten die Zuckerwerte der Beeren nach oben, aber immerhin waren die Trauben noch weitgehend gesund. Wenn es jetzt aufhört zu regnen, wir mit der Ernte zuwarten und in Weingarten und Keller alles richtig machen, kann das noch ein guter Jahrgang werden…

Traminer 2014

Leider war es nicht nur feucht, sondern auch halbwegs warm und der Gesundheitszustand der Trauben verschlechterte sich in den letzten Augusttagen dramatisch. Immer mehr Beeren wußten nicht mehr wohin mit dem Wasser und platzten auf. In diesem Stadium kann es mit der Fäulnis sehr, sehr schnell gehen, aber wenn wir auf Nummer sicher gehen und die Trauben rasch heimholen, ist trotz fehlender Reife immer noch ein brauchbarer Jahrgang möglich…

Es regnete weiter. Nur ein niederschlagsfreier Tag in der ersten Lesewoche und viele verlorene Stunden mit nassen Trauben nahmen uns jeglichen Spielraum zum Agieren. Katastrophenstimmung. Jeden Tag ein paar faule Beeren mehr und wir können nicht ernten, obwohl es doch gerade jetzt so besonders wichtig wäre, die Trauben schnell ins Trockene zu bringen. Das wird schlimmer als 1996, vielleicht sogar der mieseste Jahrgang aller Zeiten…

Wenn es einmal nicht regnete, ernteten wir. Nicht immer waren die Trauben trocken, aber es galt zu retten, was noch zu retten war. Nur wie? Möglichst schnell, vielleicht sogar mit maschineller Unterstützung, um zu verhindern, dass weitere Trauben von Fäulnis befallen werden? Oder möglichst selektiv von Hand, um jene Beeren, die schon gefault sind so gut wie möglich aussortieren zu können?

Welschriesling-Traube mit beginnendem Botrytisbefall

Wir entschieden uns für letzteres, dank toller Lesehelfer mit gutem Ergebnis, mußten dafür aber in Kauf nehmen, jeden Tag ein paar Beeren mehr zu verlieren. Quälend langsam arbeiteten wir uns vom Zweigelt zum Muskat Ottonel vor und teilweise landeten 30 und mehr Prozent der Trauben auf dem Boden. Das wird eine Miniernte…

Aber nicht nur die Trauben, auch der Boden litt unter den enormen Wassermassen. Trotz Begrünung waren einige Weingärten nicht befahrbar, was die Planung unserer Erntereihenfolge nicht einfacher machte. Ein weiterer Grund für schlaflose Nächte.

Eine mühsame Woche. Erschöpfend. Frustrierend.

Zum Glück kam es nicht noch schlimmer. Im Verlauf der zweiten Erntewoche wurde das Wetter ein wenig besser und mit ihm auch die Stimmung. Zweigelt, Muskat, Chardonnay und ein Teil des Weißburgunders war mühsam, aber dafür halbwegs gesund nach Hause gebracht. Die Zuckergradationen waren nicht ganz so niedrig wie befürchtet, die Säurewerte zwar hoch, aber die pH-Werte nicht wirklich unreif. Im Keller lief alles halbwegs rund und der Zweigelt entwickelte während der Gärung eine geradezu erstaunliche Farbe. Vielleicht haben wir einige der vielen schweren Entscheidungen heuer doch nicht ganz falsch getroffen…

Welschriesling und Grüner Veltliner waren an der Reihe, beide für den Jahrgang erstaunlich gesund und überdurchschnittlich ertragreich. Endlich kam ein wenig Tempo in die Lese und endlich füllten sich auch ein paar der größeren Tanks im Keller. Jetzt nur nicht übermütig werden, nicht zu hoch pokern und auch den Blaufränkisch retten. Noch gesund, ohne großen Selektionsaufwand, aber bereits mit den ersten Warnsignalen in Sachen Fäulnis. Vielleicht kommen wir mit einem blauen Auge davon…

Zwei Weingärten blieben noch übrig. Traminer und Weißburgunder sollten gemeinsam unbedingt eine süße Auslese ergeben, weil ihr Vorgänger viel schneller als erwartet ausgegangen war. Aber auch wenn es teilweise anders kommuniziert wurde (und wird), bot 2014 keine all zu guten Voraussetzungen für Prädikatsweine. Am Ende war beim Traminer (möglicherweise auch wegen der in Deutschland stark und bei uns erstmals vereinzelt auftretenden Kirschessigfliege) keine einzige Traube mehr zu verwenden und auch beim Weißburgunder landete deutlich mehr als die Hälfte auf dem Boden.

Im Keller lief es besser. Alle Weine entwickeln sich bis heute sehr positiv, zeigen klare, saubere Fruchtaromen ohne jeglichen Fäulnischarakter und wirken dabei erstaunlich ausgereift. Bei den Rotweinen fehlt zwar die oberste Spitze, davon abgesehen ist unser 2014er aber ein anständiger Jahrgang, der weit über 1996 aber auch über einige andere Jahrgänge der letzten Jahrzehnte zu stellen ist. Angesichts seiner Entstehungsgeschichte bin ich nicht weniger stolz auf ihn als auf seinen (sehr guten) Vorgänger.

Natürlich ist der 2014er stärker von kellertechnischen Maßnahmen geprägt als andere Jahrgänge, und schon allein deshalb bei aller Liebe zu den heurigen Weinen insgesamt höchstens als durchschnittlich einzustufen. Ohne Aufbesserung, Entsäuerung und andere Behandlungsmittel wären einige unserer Weine recht dünn und sauer.

Stolz bin ich aber nicht auf mein kellertechnisches Know-How (mit dem es bei Weinbehandlungsmitteln gar nicht weit her ist), sondern auf unsere Arbeit im Weingarten, die auch heuer trotz aller Eingriffe im Keller letztendlich den Unterschied zwischen trinkbar und gut ausmacht. Ohne sorgfältige Pflege und gute Laubarbeit hätten die 2014er keine reifen Fruchtaromen. Und ohne sorgfältige Handlese wären sie nicht so sauber und klar, wie sie sind.

Schreibe einen Kommentar

Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.