Pedologische Sprachverwirrung (4)

Die Körnchengröße

Der Hauptbestandteil jedes Bodens sind Mineralkörnchen verschiedener Größenordnung. Unter 0,002 mm spricht man dabei von Ton, zwischen 0,002 und 0,063 mm von Schluff und zwischen 0,063 und 2 mm von Sand. (Darüber spricht man von Kies, Steinen, Geröll etc.)

Je nach Anteil der einzelnen Fraktionen bezeichnet man Böden nach ihrer Körnchengröße z.B. als sandigen Ton, als tonigen Sand, etc. aber auch als Lehm bzw. lehmigen Sand etc., wobei Lehm an sich eine Art Mittelstellung zwischen Sand, Ton und Schluff einnimmt.

In manchen Fällen gibt es einen relativ engen Zusammenhang zwischen Ausgangsmaterial, Entstehungsgeschichte und Körnchengröße (der schluffreiche Löss ergibt natürlich schluffige Böden). Meist ist die Größenverteilung der Mineralpartikel aber relativ unabhängig von den beiden anderen Bodencharakteristika und es gibt daher z.B. sehr sandige Schwarzerden ebenso wie stark lehmige oder gar tonhaltige.

Die Anteile der einzelnen Partikelgrößen und deren besondere Eigenarten (z.B. der Aufbau der Tonminerale) haben einen wesentlichen Einfluß auf die Wasser- und Nährstoffspeicherfähigkeit des Bodens und damit auf dessen Bearbeitbarkeit und auf Weinqualität -stil. Darüber hinaus ist die Körnchenverteilung für die Durchlüftung des Bodens enorm wichtig und damit indirekt auch für dessen Temperatur.

Leichte Böden haben Vor- und Nachteile

Ein sandiger Boden weist zwischen den relativ groben Sandkörnern verhältnismäßig große Poren auf (weshalb er auch „leichter“ Boden genannt wird). Die leiten Wasser zwar gut ab, können es aber nur schlecht speichern. Niederschläge dringen also relativ schnell zu den Wurzeln (was manchmal ein Vorteil ist, und manchmal ein Nachteil), ohne Wassernachschub trocknet der Boden aber auch schnell aus.

Die großen Poren bewirken eine sehr gute Durchlüftung des Bodens. Das führt z.B. dazu, dass die von der Frühlingssonne erwärmte Luft besser in den Boden eindringen kann und mithilft, ihn zu erwärmen. Die höhere Bodentemperatur führt zu einem früheren Austrieb der Reben (mit allen Vor- und Nachteilen) und zu einer früheren Reife, wenn sie nicht durch Wassermangel gebremst wird.

Aufgrund der höheren Temperatur und der schlechteren Wasserversorgung haben Weine von sehr sandigen Böden oft einen deutlich niedrigeren Säure- und manchmal auch einen niedrigeren Extraktgehalt.

Die gute Durchlüftung von sandigen Böden bewirkt auch einen rascheren Abbau von organischer Substanz. Leichtere Böden haben daher auch einen niedrigeren Humusgehalt (über den ich ein eigenes Kapitel schreiben werde).

Schwere Böden ebenso

Böden mit hohem Tonanteil sind aufgrund der kleinen Einzelbestandteile sehr dicht gepackt. Deshalb heißen sie auch „schwere“ Böden und weisen wesentlich kleinere Poren auf, als sandige Böden. Diese Poren können dank der Kapillarwirkung gut Wasser speichern und auch noch nach längeren Trockenperioden den Rebwurzeln zur Verfügung stellen.

Schwere Böden sind aber schlechter durchlüftet und weisen eine schlechte Wasserableitung auf, was besonders in regenreichen Jahren zum Problem werden kann. Der geringere Luftaustausch zwischen Boden und Luft und der höhere Wasseranteil führen auch dazu, dass sich ein sehr toniger Boden im Frühjahr langsamer erwärmt und damit die Vegetation verzögert.

Tonminerale können sehr viel mehr Nährstoffe in ihre Struktur einlagern und bei Bedarf an die Wurzeln abgeben, als Sandkörner. Dieses Plus an Mineralstoffen und die gute Wasserversorgung machen Weine von schwereren Böden meist extrakt-, säure- und tanninreicher.

In manchen Fällen kann das aber auch zu Lasten von Eleganz und Feinheit gehen. Außerdem fördern schwere Böden das Rebwachstum, was zu übermäßigem Triebwachstum, Übererträgen und in Folge zu Reifeproblemen führen kann.

Unter besonderen Umständen können die Tonminerale manche Nährstoffe aber auch so fest an sich binden, dass sie nicht von den Wurzeln aufgenommen werden können. Die Reben zeigen dann Mangelerscheinungen, obwohl die Bodenuntersuchung einen ausreichend hohen Gehalt an z.B. Kalium ausweist.

Schwere Böden sind schwieriger zu bearbeiten, als sandige. In manchen Fällen spricht man sogar von „Minutenböden“, weil die Zeitspanne, in der sie weder zu naß noch zu trocken für eine Lockerung sind sehr kurz ist.

Sind tonreiche Böden zu feucht, führt ein Befahren zu Verdichtungen im Unterboden, die das Wurzelwachstum und damit die Reben behindern. Außerdem verklumpen sie bei der Bearbeitung und einmal getrocknet, sind die groben Schollen nur durch den (Winter)Frost oder durch zusätzliche (und nicht immer bodenschonende) Bearbeitungsgänge wieder aufzubrechen.

Ist ein Tonboden aber hingegen (oberflächlich) gründlich ausgetrocknet, wird er so hart, dass er nicht mehr mit vertretbarem Aufwand zu lockern ist. Das erschwert eine jahrgangsangepaßte Bodenbearbeitung, weil man schon vorher (solange der Boden noch bearbeitbar ist) wissen müßte, ob es nachher trocken wird, oder ob es ohnehin ausreichend regnet.

Hier geht´s zu Teil 1 mit den Links zu allen Beiträgen dieser Serie.

1 Gedanke zu „Pedologische Sprachverwirrung (4)“

  1. Toll was Du hier an Wissen preis gibst und das weit über das hinaus geht, was ich bisher in Büchern vorgefunden habe – da ich nun erstmals nach unserem mehrwöchigen Urlaub wieder in dein Blog einsteige, ist es mir spontan ein Bedürfnis, das auch anerkennend mitzuteilen….. (Und genau deswegen schaue ich auch immer wieder gerne hier rein). Liebe Grüße: Erwin

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