Ruhe bewahren und liegen lassen

Heute haben wir mit dem Cabernet Sauvignon und der Roten Trilogie unsere letzten 2007er in Flaschen gefüllt. Nach dem Streß der Vorbereitungen und der Abfüllung selbst heißt es jetzt Ruhe bewahren.

Rotweine „leiden“ weit stärker unter den verschiedenen Manipulationen, die mit der Abfüllung verbunden sind. Anders als Weißweine brauchen sie mitunter einige Monate, bis sie wieder dort anschließen können, wo sie vor der Füllung schon waren.

Verkostet man in dieser Phase Weine, deren Qualitäten man als Faßprobe geschätzt hat, ist man in den allermeisten Fällen enttäuscht (auch wenn man es natürlich besser wissen müßte). So konnten Cabernet und Trilogie bei der gestrigen Jungweinprobe des Weinbauvereines am Tag zwischen ihrer Vorfiltration und Füllung auch nicht wirklich reüssieren. Im Vergleich zu den „entspannten“ Faßproben der Kollegen, die deutlich später füllen als wir, wirkten sie etwas müde.

Nicht zuletzt um den Liebhabern unserer Weine solche Erlebnisse zu ersparen, füllen wir unsere roten Spitzenweine seit einigen Jahren etwas früher und lassen ihnen dafür mehr Zeit in der Flasche, bis sie in Bestform in Verkauf kommen. Bei der Roten Trilogie wird es voraussichtlich im März oder April soweit sein, beim Cabernet frühestens im Herbst.

6 Gedanken zu „Ruhe bewahren und liegen lassen“

  1. Hallo Bernhard,

    Meine Fragen sind wahrscheinlich für echte Weinkenner ziemlich banal. Trotzdem stelle ich Sie.

    Warum ändert sich der Geschmack des Weines durch das Filtrieren und Abfüllen.

    Was passiert eigentlich bei der Flachenlagerung wenn Schraubverschlusse verwendet werden.

    Welche besseren charakteristischen geschmacklichen Merkmale hat ein wenn er ein halbes Jahr in der Flasche liegt.

    Ich habe öfters Weine geöffnet die Gas (wahrscheinlich Kohlensäure) enthalten haben. Kommt das Gas durch die Lagerung oder wurde beim Abfüllen Kohlensäure hinzugefügt. Ich persönlich mag das nicht. Ich empfinde die Kohlensäure keines wegs erfrischend, sondern eher dumpf und Geschmackstötend auf der Zunge.

    Wenn man bei der Abfüllung keine Schraubverschlüsse verwenden würde, sondern Kork wäre eine Gasansammlung Wohl kaum möglich.

    Über fachkundige Antworten oder gute Links würde ich mich freuen.

    Gruß vom Bodensee

    Helmut

  2. Hallo Helmut!

    Deine Fragen (zumindest die meisten 😉 ) sind keineswegs banal, sondern schwierig oder gar nicht wirklich endgültig zu beantworten und deshalb auch unter „Weinkennern“ immer wieder diskutiert. Ich versuch´s mal der Reihe nach (wie auch im Blog ohne Anspruch auf Vollständigkeit und alleinige Gültigkeit):

    Warum ändert sich der Geschmack durch Filtration und Abfüllung?

    Aroma und Geschmack von Weinen hängen nicht nur an einzelnen chemischen Verbindungen, sondern auch an deren Zusammenlagerung zu größeren Einheiten. Tannine verbinden sich mit Farbstoffen und machen diese stabiler, Tannine verbinden sich untereinander (mit aber auch ohne Sauerstoffeinwirkung) und schmecken dadurch runder etc.

    Sinn der Tank- oder Faßreife (je nach angestrebtem Stil mit mehr oder weniger Hefeanteil und mehr oder weniger Sauerstoffeinfluß) ist es salopp gesagt, dass jeder Weinbestandteil seinen richtigen Platz und möglicherweise auch einen Partner findet.

    Dieser Prozeß dauert unterschiedlich lange, aber spätestens wenn der Kellermeister eine gewisse grobe „Ordnung“ im Wein erkennen kann, ist es Zeit für die Abfüllung. In der reifebremsenden Flasche folgt dann nur noch der mitunter jahre- und jahrzehntelange Feinschliff.

    Durch Filtration und Füllung (aber auch in geringerem Maß durch Erschütterungen z.B. beim Transport) wird diese Ordnung mehr oder weniger kurzfristig gestört. Molekülketten werden zerrissen und Sauerstoff eingebracht, der erst wieder von Weininhaltstoffen und SO2 abgebunden werden muß.

    Um diesen Sauerstoffeintrag zu puffern (und weil es in der Flasche ja keine Möglichkeit mehr gibt, zu einem späteren Zeitpunkt nachzudosieren) wird für die Füllung ein höherer SO2-Gehalt angestrebt, als während der Faßreife. Bis ein Teil dieser SO2-Menge aber mit Sauerstoff und Weininhaltstoffen reagiert, kann auch ein eigentlich recht runder, charmanter Wein schlank, verhalten und abweisend wirken.

    Ganz kann man dem Flaschenwein den „Füllschock“ also nicht ersparen. Manche Fachleute vertreten aber die Ansicht, dass man ihm wenigstens die Filtration ersparen sollte, wenn das (vor allem aus Haltbarkeits-, aber auch aus optischen Gründen) möglich ist. Zumal sich der Begriff „unfiltered“ auch recht gut auf dem Etikett macht.

    Andere (wie auch ich) wiederum sind der Meinung, auch durch die Filtration verliere der Wein auf Dauer keine wertbestimmenden Bestandteile und gehen pragmatisch mit dem Thema um.

  3. Was passiert bei der Flaschenlagerung, wenn Schraubverschluß verwendet wird?

    Im Prinzip das gleiche, wie wenn die Flaschen mit Naturkork verschlossen sind. Die durch die Füllung in die Brüche gegangenen Zusammenlagerungen von Aroma- und Geschmackstoffen finden sich wieder und entwickeln sich weiter. Unsere Nase und unser Gaumen nehmen das als positive oder negative Veränderung wahr.

    Für die langsame Weiterentwicklung eines an sich „fertigen“ Weines braucht es kaum oder gar keinen Sauerstoff. Vor allem bei Weißweinen führt dieser eher zu einem schnellen Alterungs- als zu einem langsamen Reifungsprozeß. Gasdichte Verschlüsse bieten also den Vorteil (zumindest wird das von den meisten als solcher gesehen), dass sich die Weine langsamer entwickeln, also auch langsamer ihren geschmacklichen Höhepunkt überschreiten.

    Wie zahlreiche Versuche in aller Welt gezeigt haben, entwickeln sich auch Rotweine unterm Schrauber durchaus positiv. Den größten Sauerstoffbedarf haben sie nämlich während ihrer Jugend, und wenn sie lange genug und richtig im Faß gereift sind, können sie auch bedenkenlos mit Schraubverschlüssen gefüllt werden.

  4. Welche besseren charakteristischen geschmacklichen Merkmale hat ein wenn er ein halbes Jahr in der Flasche liegt?

    Antwort folgt demnächst…

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