Weinmarktordnung, die Zweite (1)

Mit ihrer Weinmarktordnung regelt die EU die Rahmenbedingungen der Herstellung, Bezeichnung und Vermarktung von Wein und die Instrumente, mit denen diese umgesetzt werden. Da es dabei um nicht wenig (Förder-)Geld geht, sind die mitunter höchst unterschiedlichen Interessen der weinbautreibenden (zum Teil aber auch der anderen) Mitgliedsländer nur in langwierigen Verhandlungen unter einen Hut zu bringen.

Als ich das erste Mal über die Weinmarktreform für 2008 bis 2013 berichtet habe, waren die Diskussionen schon ein halbes Jahr in Gang. Und auch wenn der damalige Beitrag jetzt schon über zwei Jahre alt ist, bietet er immer noch einen (meiner Meinung nach guten) Überblick, worum es eigentlich geht. Und für die, denen das nicht genügt, habe ich hier ein halbes Jahr später versucht die Motive und Verhandlungsstrategien herauszuarbeiten.

Im Dezember 2007 war es dann schließlich soweit, und ich konnte hier die grundsätzliche Einigung der EU-Landwirtschaftsminister auf eine Weinmarktordnung bis 2013 verkünden.

Mit 1. August 2008 trat schließlich deren erste Etappe in Kraft, die sich überwiegend mit der Weinbereitung (u. a. der Reduzierung der maximalen Aufbesserung in unserer Weinbauzone um 20 Prozent), der Reduktion des europäischen Weinüberschusses (u.a. durch die geförderte Rodung von 175.000 ha Weingärten) und der Qualitätsverbesserung (u.a. durch Förderungen für Betriebe die in bessere Weingärten und Kellereiausstattung investieren) beschäftigt.

Der zweite Teil, der sich mit dem Bezeichnungsrecht befaßt und im Zug der heißen Diskussion über die geplante (aber nicht umgesetzte) Abschaffung der Aufbesserung vielleicht unterschätzt wurde, folgt am 1. August 2009. Seine Umsetzung im nationalen Weinrecht birgt noch einige Schwierigkeiten, die die zuständigen Gremien in der nächsten Zeit ziemlich beschäftigen werden.

Aus Tafelwein wird Wein

Bisher war es EU-weit so, dass die niedrigste Qualitätsstufe, der sogenannte Tafelwein, in den Bezeichnungsvorschriften der Marktordnung bewußt diskriminiert wurde. Unabhängig davon, woher er stammte und wie gut oder schlecht er war, die einzige zulässige Bezeichnung war Tafelwein weiß, rot oder rose sowie das Herkunftsland oder die Angabe „Verschnitt aus mehreren Ländern der EU“.

Sorten- und Jahrgangsangaben waren ebenso verboten, wie die Angabe einer näheren Herkunft, was die Wertigkeit von Tafelwein (unabhängig vom Inhalt der Flasche oder sonstigen Verpackung) ziemlich nach unten gedrück hat. Schließlich handelt es sich bei all diesen Angaben (mehr oder weniger zurecht) um ein Qualitätssignal für den Konsumenten.

Ab 1. August unterscheidet das EU-Weinrecht nicht mehr zwischen dem völlig undefinierten Tafelwein und dem (der Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten unterliegenden) Qualitätswein. Die beiden Qualitätsebenen heißen dann nämlich Wein ohne Herkunft und Wein mit Herkunft.

Für den Qualitätswein, der ohne allzugroßen Anpassungsbedarf in die zweite Kategorie fällt, ändert sich dadurch kaum etwas. Für den Tafelwein, der künftig nur noch Wein heißen wird, aber eine ganze Menge. Er darf zwar auch weiterhin keine Herkunftsbezeichnung tragen, sehrwohl aber eine Angabe von Sorte und Jahrgang.

Das Argument, das zu dieser Aufwertung des Tafelweines geführt hat, ist die bessere Konkurrenzfähigkeit der EU-Großbetriebe gegenüber Billigproduzenten aus Übersee. Es paßt gut in die generelle Stoßrichtung der Marktordnungsreform, die die reine Verwaltung der Weinüberschüsse (durch Rodeprämien und Weinvernichtung) reduzieren und stattdessen den Weinabsatz innerhalb und außerhalb der EU vor allem zu Lasten der Neue-Welt-Weinländer ankurbeln soll.

Die Befürworter dieser Neuerung sind der Meinung, dass die europäischen Weinländer den Billig-Chardonnays und Diskont-Merlots aus Südamerika und Australien auf dem Markt nur wirksam entgegentreten können, wenn sie in diesem Segment nicht freiwillig auf die Angabe von Sorte und Jahrgang verzichten.

Und je mehr von diesen Weinen (zu Lasten von Nicht-EU-Weinländern oder durch steigenden Pro-Kopf-Verbrauch in manchen Ländern) verkauft werden kann (wenn auch zu wohl sehr niedrigen Preisen), umso weniger muß davon teuer in Bioethanol zur Benzinbeimischung umgewandelt werden.

Soweit, so gut. Der Teufel steckt aber bekanntlich im Detail. Und über den berichte ich demnächst.

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