Weinraritäten aus drei Jahrzehnten

Für eine Verkostung im Rahmen unserer Tage der offenen Kellertür habe ich vergangenes Wochenende wieder einmal unsere Privatvinothek geplündert. Dabei habe ich je zwei Weiß-, Rot- und Süßweine ausgewählt, die sich bis auf eine Ausnahme in guter Form präsentierten:

Pinot blanc 2001
Auf den Pinot ist auch in nicht ganz so einfachen Jahren Verlaß. Trotz kleinem Botrytisanteil zeigte sich der 2001er sehr jung und frisch mit genügend Rückgrat für einige weitere Jahre. Die damalige Entscheidung, einen kleinen Teil des Weines in älteren Barriques dem biologischen Säureabbau zu unterziehen, um dem zwar fruchtbetonten, aber eher schlanken und säurereichen Jahrgang mehr Fülle zu geben dürfte nicht ganz verkehrt gewesen sein.

Pinot blanc 1990
Auch der Jahrgang 1990 war nicht unbedingt ein Spitzenjahr für die Weißweine. Der Sommer war heiß und sehr trocken und in unseren Weingärten wurde diese Trockenheit durch eine nicht umgebrochene Frühjahrsgründüngung noch verstärkt. (Nachher ist man immer schlauer, aber da war der Boden schon zu ausgetrocknet, und eine Bearbeitung unmöglich.)

Der Pinot, der mich schon vergangenen Herbst mit seiner außergewöhnlichen Frische verblüfft hat, enttäuschte uns auch diesmal nicht. Obwohl sein Alkoholgehalt vergleichsweise gering ist, und der analytischen Extraktgehalt so niedrig, daß er nur wegen der damals für den Jahrgang erlassenen Ausnahmeregelung überhaupt eine Prüfnummer bekam, hat er die 16 Jahre außergewöhnlich gut überstanden. Wieder ein Beispiel dafür, wie wenig Anaysenwerte über Qualität und Lagerfähigkeit aussagen können.

Cabernet Sauvignon 1997
1997 gilt im Burgenland als außergewöhnlicher Rotweinjahrgang. Nach den beiden feuchten Jahren 1995 und 1996 erbrachte der Jahrgang reifes und vor allem gesundes Traubenmaterial. Bei uns im Betrieb standen die 1997er, vor allem der Cabernet, im Schatten der 1994er (siehe unten), die einen Meilenstein in unserer Qualitätsentwicklung bei den Roten darstellen.

Der Cabernet 1997 war ein recht strenger Wein und zeigt auch heute noch eine markante Säure- und Tanninstruktur. Dabei wirkt jedoch nicht „grün“ oder unreif, was auf eine weitere Harmonisierung in den nächsten fünf oder zehn Jahren hoffen läßt. Die halbvolle und durch häufiges Probenausschenken oft durchgeschüttelte Flasche war am nächsten Tag nicht nur „noch trinkbar“, sondern sogar deutlich besser als frisch geöffnet.

Der Lufteinfluß hatte nicht nur zu einer Abrundung der Tannine geführt, sondern auch eine ganz dezente animalische Note verfliegen lassen. Darüber, woher sie stammen könnte, sind mein Vater und ich nicht ganz einig. Er tendiert eher zu (ganz dezenter, absolut tolerierbarer) Brettanomyces, ich vermute eher, daß sich die in der Jugend dezent vorhandenen Paprikaaromen mit der Reife in diese Richtung entwickeln.

Cabernet Sauvignon 1994
Bis zum Jahrgang 2000 war dieser Wein der beste Rote aus unserem Keller. Die dritte Ernte vom Cabernet (bzw. der zweite reinsortige Wein davon) bestach schon in der Jugend durch eine fast süßlich wirkende Fülle und diese verführerische Art ist ihm bis heute erhalten geblieben. Nase und Gaumen sind zumindest eine Kategorie reifer (sowohl was die Traubenreife als auch das Alter des Weines betrifft) als beim 97er. Auch wenn er noch voller Leben steckt, bezweifle ich, daß er noch besser werden kann. Genügend Flaschen, um das in den nächsten Jahren zu bestätigen oder zu widerlegen sind noch vorhanden.

1994 war übrigens ein typisches Cabernet-Jahr, also heiß und trocken. Im Vergleich zum ähnlichen Jahr 1992 war es nicht ganz so trocken, dafür aber heißer mit einem (mittlerweile wahrscheinlich schon wieder übertroffenen) Rekord an Tagen über 30°C.

Pinot blanc Auslese 1986
1986 ist österreichweit einer der meistgelobten Jahrgänge überhaupt. Den Weinbauern in Mörbisch machte allerdings ein Hagel knapp vor der Ernte in einigen Lagen einen dicken Strich durch die Rechnung. Ein trockener Herbst verhinderte zwar, daß die verletzten Beeren von Fäulnis befallen wurden, aber für die Erzeugung fruchtbetonter trockener Weine waren sie trotzdem nur noch bedingt zu verwenden.

Dafür schrumpften die betroffenen Beeren ohne Edelfäule ein, und der Zuckergehalt erreichte bald Ausleseniveau. Diese Entstehungsgeschichte macht unsere Pinot Auslese 1986 zu einem Unikat in der Betriebsgeschichte. In seiner Jugend war der Wein für eine Auslese außergewöhnlich fruchtbetont feingliedrig, und auch Mitte der 90er konnte er noch beeindrucken. Heute, nach 20 Jahren, dürfte aber seine beste Zeit schon vorbei sein. Die verkostete Flasche zeigte sich schlank und eher müde, obwohl sie nicht vom Kork beeinträchtigt war (was bei dem Wein selten ist, denn in Sachen Korkgeschmack ist er unser einziges echtes Problemkind).

Welschriesling Trockenbeerenauslese 1981
Dieser bis dato hochgradigste Wein in unserem Betrieb hatte ein Mostgewicht von (eher geschätzten, denn die Skala endet bei 40) 42°KMW. Auch nach eineinhalb Jahren Gärung erreichte er nur einen sehr bescheidenen Alkoholgehalt, den wir nie analysieren ließen, weil er damals noch nicht auf den Etiketten angegeben werden mußte.

Honig, Karamel und eine schier unglaubliche Konzentration prägen diesen Wein, der zwar nicht mehr ganz jung, auf seine Art aber sehr zeitlos wirkt. Natürlich ist es spektakulär, so etwas zu verkosten. Und noch beeindruckender ist das beinahe unbegrenzte Potential solcher Weine. Aber, seien wir ehrlich, wirklich trinken kann bzw. tut man soetwas nicht. Weshalb wir solche Gradationen seither tunlichst vermeiden und „spätestens“ bei Zuckergraden von gut 30°KMW ernten. In diesem Bereich schafft die Hefe meist einen vernünftigen Alkoholgehalt, der die Weine von der Struktur her auch noch wie Wein schmecken läßt.

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