Weinesoterik

Holzfass1

Wie in andere Lebensbereichen auch, hält die Esoterik seit einigen Jahren vermehrt Einzug in die Weinproduktion. Manche Winzer sind wohl selbst ehrlich von den (laut Definition von Wikipediaphilosophischen Lehren, die nur für einen begrenzten „inneren“ Personenkreis zugänglich sind überzeugt. Und manche nützen sie geschickt, um den Zeitgeist ihrer Zielgruppe zu treffen und sich von den Mitbewerbern abzuheben.

Aufmerksamen Blog-Lesern dürfte nicht entgangen sein, dass ich nicht unbedingt zu dieser Art von Showbusiness neige. Und da ich offensichtlich auch nicht zum Kreis der Erleuchteten zähle, wie ich spätestens bei meiner durchaus ernsthaften Auseinandersetzung mit dem biodynamischen Weinbau feststellen mußte, braucht es die auch Nichteingeweihten zugänglichen Naturwissenschaften, um meinem Unglauben auf die Sprünge zu helfen.

Es ist daher besonders lobenswert, wenn sich eine unabhängige naturwissenschaftliche Versuchsanstalt einem Thema widmet, dessen Potential für Wein(esoterik)insider schon längst außer Zweifel steht: Dem Betonei als Weinbehälter.

Immerhin soll diese neue Dimension der Weinlagerung, die vor einigen Jahren von ein paar Produzenten mediengerecht präsentiert wurde geradezu ideal sein.

Die Eiform stehe mit dem Maß des goldenen Schnittes in Harmonie, setze der Zirkulation des Weines keine Ecken und Hindernisse entgegen und dieser bewege sich im Betonei in völliger Freiheit, sagen sie. Darüber hinaus soll der Beton auch mehr Luft zum Wein lassen, als der komplett dichte Edelstahl, jedoch weniger als das eher grobporige Holz welches den Wein noch dazu geschmacklich beeinflusse.

Das Resümee des Testberichtes (pdf) der Naturwissenschaftler von der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau sieht freilich ein wenig anders aus:

Der Betonbehälter birgt hygienische Probleme.

Ein verbessertes Klärverhalten ist nicht erkennbar.

Ein Sauerstoffzutritt durch Poren findet nicht statt.

Wein greift Beton an und nimmt dabei Fremdstoffe auf.

Bei Befüllung mit identischem Wein sind die Geschmacksunterschiede zu anderen Lagerbehältern minimal.

Ich werde deshalb wohl auch weiterhin je nach Weinstil bei meinen Edelstahltanks und Holzfässern bleiben. Die sind auch rund und meiner Meinung nach schöner, selbst wenn sie außerhalb des goldenen Schnittes stehen. Von ihren bewährten Eigenschaften für die Reifung gar nicht zu reden…

Danke an Oh Dae-Su für den hier geposteten Link.

4 Gedanken zu „Weinesoterik“

  1. Hallo Bernhard,

    im Testbericht wurden ja die – nicht sehr positiven – Erfahrungen mit einem einzigen „Betonei“ eines offenbar nicht sehr kompetenten bzw. kundenfreundlichen Herstellers beschrieben. Nachdem es bei Beton aber stark auf Zusammensetzung und Verarbeitung ankommt, kann man das vielleicht nicht so verallgemeinern.

    Einen echten Vorteil gegenüber bestehenden Behältern (Edelstahl, Glas, Holz) kann ich aber nicht erkennen. Das gilt im übrigen auch für die derzeit so angesagten Amphoren 😉

    Grüße,
    Gerald

  2. Hallo Gerald,

    das ist wohl richtig. Allerdings gehe ich davon aus, dass es nicht all zu viele Anbieter solcher Betoneier geben wird. Und die angeblichen Vorteile der Eiform sind sowieso unabhängig vom Eiproduzenten.

    Grüße

    Bernhard

  3. Hallo Bernhard,

    so nach der Beschreibung im PDF könnte man fast vermuten, dass der Hersteller da einfach Beton aus dem Baumarkt in eine Eiform gegossen hat 😉
    Ein Winzer hätte da immer noch die Möglichkeit, das Betonei nicht fertig zu kaufen, sondern individuell bei einem Spezialisten anfertigen zu lassen. Der müsste dann auch wissen, welche Zusammensetzung für diese Anwendung optimal ist.
    Wird aber vermutlich deutlich teurer kommen …

    Grüße,
    Gerald

  4. Hallo Gerald!

    Was ich aus Schulzeiten weiß, ist Beton (der ja in Form von Betongroßzisternen vor dem Siegeszug der Edelstahltanks in größeren Betrieben durchaus als Werkstoff für Weinlagerbehälter verbreitet war) grundsätzlich ohne Oberflächenversiegelung nicht für Wein geeignet.

    Wein ist ja ziemlich sauer und löst den im Zement enthaltenen Kalk, weshalb die Behälter normalerweise innen gefliest oder mit verschiedenen Kunstharzbeschichtungen versehen sind. Eine Möglichkeit (die in dem Testbericht angesprochen wird, weil offenbar vom Hersteller empfohlen) wäre auch, den Beton durch längere Weinsäurebehandlung innen vollflächig mit einer Art Weinsteinkruste zu versehen, bevor überhaupt Wein eingefüllt wird. Ohne damit Erfahrungen zu haben erscheint mir das jedoch sehr aufwändig, nicht zuletzt, weil die Sache u.a. aus hygienischen Gründen wohl von Zeit zu Zeit wiederholt werden muß. Und funktionieren tut es wohl laut Testbericht auch nicht wirklich zufriedenstellend.

    Grüße

    Bernhard

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