Standpauke für Wachauer Winzer

Das die traditionell patriotischen österreichischen Weinmedien deutliche Kritik an heimischen Winzern publizieren, ist mehr als selten. Normalerweise erscheinen ihre weniger positiven Anmerkungen nicht in gedruckter Form, sondern werden (wenn es sie überhaupt gibt) mit den Winzern direkt diskutiert.

Umso auffallender ist deshalb die Standpauke für die Wachauer Winzerkollegen in der aktuellen Print-Ausgabe (bzw. in gekürzter Form auch online) von Falstaff. Zumal die Wachau bislang als Liebkind des Weinmagazins galt. Gleich an drei Stellen im Heft (im Editorial, im Artikel selbst und bei den Verkostungsnotizen im hinteren Teil des Blattes) hagelt es Vorwürfe.

Dabei geht es um die traditionelle Verkostung der Federspiel-Weine, bei der zwar die Rieslinge die Falstaff-Juroren überzeugen konnten, nicht aber die Grünen Veltliner. Auch nach der Finalverkostung der „besten“ 32 Weine (von über 80) gab es ratlose Blicke, weil selbst diese selektionierten Weine noch ein ganzes Panoptikum an Mängeln boten, die den Degustatoren Rätsel aufgaben.

Von Schwunglosigkeit und fehlender Struktur ist die Rede, von als „flach“ empfundenen Weinen und solchen, die sehr gereift erschienen, was (laut Falstaff) auf die Beimengung von Vorjahresbeständen schließen läßt.

Zudem diagnostiziert das Magazin bei zahlreichen Weinen ein schotig-grasiges Bukett, das jeden Verehrer des populären Sauvignon Blancs entzücken werde, das allerdings ebensowenig zum Wesen eines Grünen Veltliners gehört, wie ein gewollter oder ungewollter biologischer Säureabbau, wenn dieser spürbar wird.

Darüber hinaus meint Falstaff, dass es auch einmal hinterfragt werden sollte, dass viele Weine mit Lagenbezeichnung vermarktet werden, weil die Riedenbezeichnung nämlich auch nicht weiterhelfe, wenn nicht einmal die Sorte als solche einwandfrei feststellbar ist.

Neben dem Witterungsverlauf des Jahrgangs 2007 sieht man die Gründe dafür in einem ungehemmten Einsatz von Reinzuchthefen, im totalen Entschleimen und einer eiskalten Gärfürung. Außerdem kritisiert man, dass auch von wohlbekannten Namen des Wachau-Establishments Federspiele bereits im November oder Dezember verramscht werden.

Falstaff ruft dazu auf, einer weiteren Banalisierung dieser Weinkategorie mit geeigneten Schritten entgegenzutreten. Denn wer nach Meinung des Magazins in der ersten Reihe stehen will, dem wird auch genauer auf die Finger geschaut, und wer vollmundig Codizes (pdf) verkündet, der muß auch stärker darauf achten, dass die Qualität in der Flasche stimmt.

Starker Tobak, auch wenn Falstaff meint, dass die besten Weine aller Sorten heuer viel Freude machen (was ich aus Gründen der Fairness nicht unterschlagen möchte).

Anmerkung:
Alle kursiv geschriebenen Textteile stammen aus der aktuellen Ausgabe des Falstaff. Aus Platz- und Verständlichkeitsgründen habe ich da oder dort einzelne Wörter weggelassen bzw. an die geänderte Satzstellung angepaßt und die Reihenfolge von einzelnen Sätzen geändert ohne aber den Sinn der Zitate in irgend einer Weise zu verfälschen.

3 Gedanken zu „Standpauke für Wachauer Winzer“

  1. Spät aber doch, endlich, das ist das mindeste, was man von einem professionellen Kritiker erwarten kann, dass er sich eben „kritisch“ (und nicht alibihalber) mit den Weinen auseinandersetzt. Ob er recht hat, ist da vollkommen nebensächlich, die eine Wahrheit gibt’s werder beim Wein oder bei der Kunst.

  2. Nur so eine Überlegung: ob die Schelte nicht zumindest teilweise auf die Redaktion zurückfällt, wenn sie sich für kompetent hält, jetzt – wo die Federspiele gerade ein paar Wochen gefüllt sind – schon ein endgültiges Urteil darüber zu fällen ?

    Dass Peter Moser & Co nicht immer mit ihren Einschätzungen recht haben, kann man leicht nachvollziehen: einfach einen Falstaff-Weinguide von z.B. vor 5 Jahren zur Hand nehmen und eine darin bewertete Flasche aus dem Keller holen und probieren. Mein persönlicher Eindruck ist, dass ein zum Verkostungszeitpunkt gut schmeckender Wein zusätzliche das Attribut „gut lagerfähig“ erhält und umgekehrt. Ob das wirklich sooo einfach ist ???

    Grüße,
    Gerald

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