Keine „Autobahn“ nach Mörbisch!

Seit etwa 20 Jahren geistert die Idee vom großzügigen Ausbau der Bundesstraße B52 von Rust nach Mörbisch durch die Köpfe einiger Beamter und Politiker. Die Fahrbahn soll deutlich angehoben werden, einen tiefen Entwässerungsgraben erhalten und beitseitig einen parallel verlaufenden Güterweg („Begleitweg“).

Nach zahlreichen Anläufen, bei denen die gewichtigen Argumente der Gegner dieses Ausbaues nie wirklich ernst genommen wurden macht die Straßenbauabteilung des Landes Burgenland jetzt offenbar ernst. Die Grundstückseinlösungen für das erste Teilstück sind bereits erfolgt und wie es aussieht, läßt es wohl nur etwa ein Dutzend Weinbauern auf eine Enteignung ankommen. Was sich rund um dieses Projekt abspielt ist ein Lehrstück an Behördenwillkür, Obrigkeitshörigkeit, mangelndem Gefühl für Landschaft, Natur, Tourismus und Weinbau, Parteipolitik und Dummheit.

Auch wenn die ganze Geschichte viel zu umfangreich und komplex ist, um hier dargestellt zu werden, möchte ich neben anderen Initiativen die bescheidene öffentliche Wirkung dieser Seiten nützen, um meine Argumente gegen diesen Ausbau darzustellen.

Für Ortsunkundige sei erwähnt, daß Mörbisch im Osten vom Neusiedlersee, im Süden von der Grenze zu Ungarn samt saisonalem Übergang nur für Radfahrer und Fußgänger und im Westen von der bewaldete Hügelkuppe des Ruster Hügellandes begrenzt ist. Es gibt also keinerlei Durchzugsverkehr, da Mörbisch am Ende jener Straße liegt, die jetzt großzügig ausgebaut werden soll. Hier gibt es eine Straßenkarte als 2-MB-Pdf.

Sieben gute Gründe gegen Begleitwege entlang der B52 zwischen Mörbisch und Rust:

1. Landschaftsschutz

Begleitwege bringt eine dramatische Verschlechterung des Landschaftsbildes, die allen Bestrebungen der Weltkulturerberegion Neusiedlersee widerspricht. In Ihrer derzeitigen Form fügt sich die B52 harmonisch in die seenahe Landschaft ein, anstatt sie zu durchschneiden. Die Landschaft ist vom Auto aus “erfahrbar” und dieses Erleben, egal ob bewusst oder unbewußt, ist ein Teil der weintouristischen Besonderheit von Mörbisch.

Beidseitige Begleitwege samt Erhöhung des Straßenniveaus und Betonleitwänden zum Amphibienschutz verschlechtern nicht nur das Landschaftsbild dramatisch. Sie entrücken auch den Reisenden der Landschaft, die er dann kaum noch wahrnimmt und mit ihr das besondere Flair der Region. Einer der wenigen Wettbewerbsvorteile von Mörbisch in einer Zeit des immer härter werdenden touristischen Wettbewerbes ginge unwiederbringlich verloren.

2. Naturschutz

Die B52 kreuzt eine der wichtigsten Laichrouten von seltenen Amphibien in Österreich. Im Rahmen des Ausbaues der B52 sollen Amphibienleitwände aus Beton errichtet werden, die den Amphibien das gefahrlose Queren der Straße ermöglichen sollen. Da diese Variante die Errichtung von Begleitwegen erfordert, bringt sie nur zu Lasten des allgemeinen Naturschutzes eine bessere Erhaltung der Artenvielfalt.

Dieser Interessenskonflikt kann mit dem bisher erfolgreich praktizierten Verfahren (“Kübel-methode”) vermieden werden. Es kann nicht Sinn und Zweck des Naturschutzes sein, Verbesserungen in einem Teilbereich der Natur durch eine Verschlechterung ihrer Gesamtheit zu erzielen, zumal weite Teile der Strecke ohnehin nicht von Amphibien gekreuzt werden.

3. Wasserbau

In seltenen Fällen kommt es an wenigen Stellen der B52 nach Starkregen zu kurzzeitigen Überschwemmungen ohne Folgeschäden. Um diese geringfügigen Behinderungen künftig zu vermeiden, braucht es keine Begleitwege. Eine sorgfältigen Instanhaltung der bestehenden Ableitungen (die seit Jahren nicht erfolgt) und eine Errichtung einiger weniger zusätzlicher Abläufe reicht dafür aus.

Begleitwege allein verbessert die Situation in keinster Weise, da das Wasser, das zu den Überschwemmungen führt nicht von den Weingärten entlang der Begleitwege abfließt, sondern von der mangelhaft ausgeführten Straßenquerung des Entwässerungssystem der Hanglage oberhalb.

4. Verkehrssicherheit

Begleitwege und die damit verbundene breitere, autobahnartige Optik verleitet zu höheren Geschwindigkeiten, riskanteren Überholmanövern und erhöhen damit beim kurvenreichen Straßenverlauf der B52 zwangsläufig das Unfallrisiko.

Die geplanten Entwässerungsgräben zwischen B52 und Begleitwegen führen vermehrt zu Überschlägen von Unfallfahrzeugen und damit zu schwereren Unfällen. Die relativ sanfte Bremswirkung der Weingartenunterstützungssysteme bei Unfällen mit hoher Ge-schwindigkeit kommt nicht mehr zum Tragen.

Mögliche Gefahrensituationen durch die unterschiedlichen Geschwindigkeiten von land-wirtschaftlichen Fahrzeugen und Autos können auch durch Begleitwege nicht verhindert werden, da der landwirtschaftliche Verkehr durch die kleinstrukturierten Besitzverhältnisse die B52 trotz Begleitwegen häufig befahren oder queren muß.

5. Transitverkehr

Der geplante Ausbau der B52 entspricht in keinster Weise dem derzeitigen und abseh-baren Verkehrsaufkommen. Aufgrund der besonderen geographischen Lage gibt es in Mörbisch keinerlei Durchzugsverkehr. Die Anreise zum Hauptverkehrsverursacher, den Seefestspielen erfolgt gestaffelt über mehrere Stunden und führt daher zu keinerlei Kapazitätsengpässen auf der bestehenden Straße. Am Kolonnenverkehr bei der Abrreise nach Ende der Vorstellungen ändert auch ein Ausbau der B52 nichts.

Ein Ausbau der B52 samt Begleitwegen ist daher aus verkehrsplanerischer Sicht nicht notwendig und bei einer Grenzöffnung eine kontraproduktive Einladung für den über-regionalen Transitverkehr. Mit allen negativen Folgen für Natur, Landschaft, Tourismus und Lebensqualität.

6. Nachteile für Weinbau und Tourismus

Die Kleinstrukturiertheit der landwirtschaftlichen Grundstücke in Mörbisch erschwert deren Bewirtschaftung und führt zu weiten Leerwegen zwischen den Parzellen. Beidseitige Begleitwege verlängern diese auch ökologisch problematischen Leerwege, weil das Queren der B52 nur noch an wenigen Stellen möglich ist.

Unbefestigte Begleitwege stellen eine deutliche Verschlechterung der Erreichbarkeit der landwirtschaftlichen Grundstücke dar, zumal eine mangelhafte Erhaltung dieser Begleit-wege durch die Gemeinde zu befürchten ist.

Durch die Errichtung von Begleitwegen gehen wertvolle Flächen in einigen der besten und traditionsreichsten Mörbischer Weinbaulagen unwiederbringlich verloren. In Zeiten der Qualitätsweinbaues und der Konzentration der Weingärten auf die besten Lagen ist dies ein nicht zu unterschätzender Verlust.

Für den Urlaubsgast bietet Mörbisch derzeit die ideale Kombination zwischen guter Erreichbarkeit (A3, B52 bis Rust) und ruhiger, idyllischer Lage. Jeder Ausbau der B52 bringt aus touristischer Sicht daher ausschließlich Nachteile.

Einige der erfolgreichste Weinstraßen Österreichs haben weit mehr Verkehr zu bewältigen als die B52, liegen in unübersichtlicherem Gelände und sind sicherlich auch wasserbaulich eine größere Herausforderung. Aber haben Sie schon jemals gehört, dass an der südsteirischen Weinstraße oder in der Wachau Begleitwege notwendig oder gewünscht wären?

7. Verschwendung von Steuergeldern

Der geplante Ausbau der B52 samt Begleitwegen verursacht enorme Kosten, die in keinerlei Relation zum vermeintlichen Nutzen stehen. Es ist unverständlich, mit welchem Aufwand das umstrittene Projekt “Begleitweg” seit mehr als 10 Jahren betrieben wird.

Allein mit den Aufwendungen für Planung, Vermessung und bürokratischen Aufwand wäre die Erhaltung der bestehenden Straße auf Jahre hinaus zu finanzieren. Angesichts der angespannten Budgetlage des Landes Burgenland ist es absolut nicht nachvollziehbar, warum dieses Projekt überhaupt noch verfolgt wird.

Zumal auch die finanziell schwer angeschlagene Gemeinde Mörbisch durch die Kosten für die Instandhaltung der Begleitwege zusätzlich belastet würde.

1 Gedanke zu „Keine „Autobahn“ nach Mörbisch!“

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